oberpfalz-geschichten
  Vorzeichen und Prophezeiungen
 

Aus Waldkirch wird von Schönwerth  der Glaube überliefert, dass die Schlacht am kalten Baum geschlagen und damit das Ende komme, wenn einmal das Holz so abgetrieben sei, dass nur mehr Blößen dastünden.

 

Ehe aber alles das geschieht, ist der katholische Glaube so klein geworden, dass er mit seinen sieben Anhängern unter dem kalten Baum ruhen kann (Erbendorf).

 

Wenn die Bauern lange Hosen tragen, die Wägen ohne Rosse gehen (Neuenhammer) - wenn Samt und Seide in den Stall gehen - wenn die Bauernmädchen ohne Kopftuch zur Arbeit kommen - oder in Strümpfen und Schuhen zur Kirche ziehen, statt sie wie bisher auf dem Wege in der Hand zu tragen und erst vor der Kirche anzulegen - mehr uneheliche als eheliche Kinder geboren werden - wenn die Welt eisern wird, d. h. mit Eisenbahnen überzogen ist - so sind dieses die Vorboten des Endes.

 

Wenn der Wald gepflanzt wird von Menschenhänd, wird es bald gehen zu einem End [21].

 

Vom Ochsenkopf im Fichtelgebirge wird folgende Sage erzählt:

"In einem Kristallsaal voll Gold- und Silberschmuck, im Glanze der edlen Gesteine, die in Reihen wie die Zwiebelstränge funkeln, schläft Karl der Große mit seinen Mannen und wartet auf den Kampf mit dem Antichristen. Wenn sein Bart siebenmal um die Tischplatte gewachsen sein wird, dann ist die Zeit erfüllt. Er wird mit seinen Reisigen aus der Tiefe empor steigen, um den Christen zum Sieg zu verhelfen. Das wird auch notwendig sein, denn um diese Zeit werden die Christen so zusammengeschmolzen sein, daß sie unter eines Baumes Schatten essen können. Nach dem Sieg des Kaisers kommt der Weltuntergang [22]."

 

Auch die Weiße Frau treffen wir wieder an, Sibylla Weiß, jene große Seherin, die im Fichtelgebirge auf einem Kreuzweg zum Ochsenkopf begraben sein soll.

 

Schönwerth schreibt [23]:

 

Sibylla Weis hat ihn gepflanzt, den Baum, den niemand kennt, und gleich einer Vala (Seherin) von ihm ausgesagt, daß, wenn einst sein Ast stark genug sein wird, um einen Reiter im Harnisch mit samt dem Rosse zu tragen, die Feinde aus Ost und West in zahllosen Heersäulen hier zusammen treffen werden. Dann werden sie sich eine Schlacht liefern, und bis zur Mitternachtsstunde soll das Würgen währen, wovon so arges Blutvergießen gegen Norden hin entsteht, daß es die Mühle im Tale bei Lind treibt. Davon heißt der Baum auch Schlachtenbaum. Die Rosse der Türken aber werden den Boden bedecken, so weit das Auge reicht und den Greuel einer Pest verbreiten, wie sie die Welt noch nicht gesehen. Alles Volk und Vieh fällt ihr zum Opfer.

 

Aus Tännesberg wird außerdem noch überliefert, 

 

"daß der letzte derselben (Türken) von einem Weibe mit der Schürgabel oder einem Scheite Holz erschlagen werden soll".

 

Diese Schlacht gegen die Türken machte Fr. Xav. Müller, von 1839 bis 1855 Stadtpfarrer von Schwandorf zum Gegenstand des folgenden Gedichtes [24]:

 

Der kalte Baum von Vohenstrauß

 

Auf der Höh' voll scharfer Winde,

Auf dem Hügel frostig kalt,

Schlummert unter starrer Linde

Sepple, sieben Jahre alt.

 

Böser Träume böse Bilder

Senken sich zu ihm herab,

Waffenlärm und Lanz' und Schilder,

Schlacht und Mord und offnes Grab.

 

Auf der Straße weißem Streifen

Zieht's wie Wolken schwer heran,

Und aus Trommeln, Pauk' und Pfeifen

Hebt sich stolz die Kreuzesfahn'.

 

Vor dem Herzen Eisenschienen,

Gitter vor dem Angesicht,

Nahen sie, wie Schwärme Bienen,

Und der Baum wird's Hochgericht.

 

Von dem Wald auf schnellem Rosse

Stürzen andre Krieger her,

Pfeil und Bogen ihr Geschosse,

Krumme Säbel ihre Wehr.

 

Um das Haupt nur weiße Binden,

Um die Brust nur leichtes Kleid,

Sprengen sie, den Feind zu finden,

Rasch hervor aus grüner Heid'.

 

Und ein Roßschweif auf der Stange

Und ein Halbmond ist's Panier,

Und beim hellen Hörnerklange

Schrein sie "Allah!" donnernd schier.

 

Und zum Baume drängt sich alles,

Kreuz und Halbmond zieht daher,

Und es stürzen blut'gen Falles

Tausende mit blanker Wehr.

 

Und die Reih'n der Allah Krieger

Mäht des Kreuzheers schwerer Stahl,

Und der wutentflammte Sieger

Jagt sie über Berg und Tal.-

 

Und der Knab' erwacht voll Schrecken,

Sucht des Vaters stillen Herd

Und erzählt von Roß und Recken

Und von Fahnen, Pfeil und Schwert.

 

Und der Vater, ernst und stille,

Wischst sich manche Trän' beiseit',

Sprichst im Geiste der Sybille:

"So wird's kommen mit der Zeit.

 

Christ und Türke wird sich schlagen,

Wie du's sahst im wüsten Traum,

Und das Kreuz wird siegend ragen

In der Schlacht am kalten Baum.

 

Kann auf jetzt noch schwankem Zweige

einstens Roß und Reiter steh'n.

Wird es hier zur blut'gen Neige

Mit dem bleichen Halbmond geh'n!"

 

 

Bei Schönwerth geht es dann eher mythisch weiter, wobei auch ein Vergleich zur "Edda" nicht gescheut wird:

 

Zuletzt wird ein Hirt heranziehen aus weiter Ferne und in dem Baume Wohnung nehmen, seine zahlreiche Nachkommenschaft aber das öde Land auf's neue bevölkern und fortan in seligem Frieden und Wohlstand besitzen (Neuenhammer). Der Baum, den niemand nennen kann, muß bleiben , bis alles zugrunde geht (Erbendorf). [25]

Hernach aber kommen neue reiche Menschen und alle armen Menschen sind tot [26].

 

Die Prophezeiungen der Edda wissen vom letzten Kampf auf dem Schlachtfeld Wigrid, in der Nähe des Weltbaumes zu berichten, der Weltesche, die den Weltenbrand überstehend und in sich ein einziges Menschenpaar, Lif und Lifthrasir, verborgen hält. Dieses Menschenpaar ist auserwählt, ein neues glücklicheres Geschlecht zu begründen, gleichwie der Hirt im kalten Baum.

 

Anton Wurzer weiß im Zusammenhang mit der Entstehung des kalten Baumes ebenfalls von einer Verbindung zum hohen Norden zu berichten [27]:

 

"Da ist vor 1000 Jahren, so heißt es, aus dem hohen Norden her ein bärtiger Fuhrmann gekommen, auf einem zweirädrigen Karren, vor dem sieben mächtige Ziegenböcke liefen, und hat auf seinem großkrempigen Hute ein Zweiglein mitgebracht, das er hier in den Boden stieß - ein Reis, von einem Baume gebrochen, den niemand kennt."

Wurzer fährt im Anschluss an die große Schlacht fort:

"Aber dann wird wiederum aus dem hohen Norden, aus der Heimat des Baumes, ein Hirte kommen, ein Weib mitbringen und im Baume seine Behausung aufschlagen. Seine Kinder und die Kindeskinder aber werden sich ausbreiten und ein neues Menschengeschlecht zeugen, friedlich und glücklich bis zum Untergang der Welt. Bis dahin muß der Baum bleiben; erst wenn alles zugrunde geht und die Welt und die Sterne aufeinanderstürzen und sich zerschmettern, wird auch er fallen. Doch das hat noch Zeit; denn das Letzte der Dinge ist erst nahe, wenn die Menschen nicht mehr auswachsen können, wenn sie so klein bleiben, daß ihrer sechs in einem Backofen zu dreschen vermögen."

 

Der Kalte Baum als Ableger Yggdrasils, der Welten-Esche? Merkwürdig bleibt auf jeden Fall der Zusammenhang mit den Weissagungen des Eddaliedes.

 

Ebenfalls von Krieg, Tod, Weltuntergang und der steten Hoffnung auf einen friedvollen, aber stets gefährdeten Neubeginn weiß eine merkwürdige Sage zu berichten, die Schönwerth aus Lind (Ober- und Unterlind bei Vohenstrauß), nahe am "kalten Baum" überliefert bekam [28]:

 

"Im Anfang, ehe Sonne und Mond waren, herrschte der Tod auf der Welt. Als aber diese beiden Gestirne erschienen und herangewachsen waren, vertrieben sie den Tod unter die Erde. Doch nun erwürgte er von da aus alles, was Sonne und Mond erzeugten, worüber es zum Streite kam, daß fast die ganze Welt zu Grunde ging und die Sündflut hereinbrach. Nun trugen die Riesen steinerne Stühle  auf den Bergen zusammen, setzten sich darauf und hielten Rat. Und sie fanden kein Ende, bis nicht das weiße Wiesel aus dem Berge hervorkroch und ihnen die Augen beleckte. So wurden sie einig, Sonne und Tod vor sich zu entbieten. Der letztere aber wollte dem Spruche sich nicht fügen, denn als Mann habe er ohnehin Recht gegenüber einem Weibe. Darüber entbrannte der Streit auf's Neue. Die Riesen aber erzürnten und ergriffen den dickleibigen Tod und rissen ihm fast alles Fleisch vom Leibe. Seitdem ist er so mager. Darum erbarmte sich die Sonne und warf ihm ihren dunklen Schleier zu, sich zu bedecken und vor den Riesen zu verbergen. Seitdem aber trägt der Tod den Schleier der Sonne und wirft die Sonne dunkle Schatten."

 

Ein steiler Felsen unterhalb des kalten Baumes, nahe bei der kleinen Ortschaft Obernankau, mit großartiger Aussicht über das hier tief eingeschnittene Pfreimdtal trägt den Namen Riesensessel.

 

Des Kalten Baumes  wahres Alter bleibt uns immer noch  verborgen, viele Stürme sind über ihn und seine Vorgänger hinweggezogen, viele Schlachten wurden seitdem geschlagen. Das Blut, das dabei floss, hätte in Bächen zusammengefasst, sicher im Tal der Lerau die Mühle bei Lind antreiben können.

 

Die Sagen und Mythen scheinen auf Ereignisse hinzuweisen, die sich in der Vergangenheit schon erfüllt haben. Die Erwähnung des gepanzerten Ritters und des wiederauferstehenden Kaisers weisen in die Zeit des Mittelalters zurück. Aber die Sehnsucht nach Frieden und Neubeginn, die immer wieder zum Ausdruck kommt, lässt die Sagen zeitlos werden.

 

In der Zeit des Mittelalters muss auch die folgende Sage ihren Ursprung haben. Für die historische Einordnung interessant ist hierbei die Tatsache, dass Leuchtenberger Landgrafen sowohl Kaiser Friedrich Barbarossa auf seinen italienischen Feldzügen als auch Kaiser Friedrich II. 1228 auf seinem Kreuzzug begleiteten.

 

In mehr oder weniger langer Form ausgeführt und dichterisch verfremdet, lässt sich die Geschichte in verschiedenen Romanen und Erzählungen nachlesen, so in Hans Bäumlers "Liebe und Tod zu Leuchtenberg" [29]. Ebenso erscheint die rührende Liebesgeschichte in dem Roman "Der Archivar" von August Sperl (1920).

 
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